Farbe und Architektur

Die ersten Farbpigmente entstammen der Erde. Die Urmenschen verwendeten bereits roten Ocker, manganhaltige schwarze Erde, Kohle und Rötel für ihre Höhlenmalereien. Später weißte man Häuserwände mit Kalkmilch, bevor man verschiedene Arten von Anstrichen, Pigmenten, Tinkturen, Farben und Farbstoffen aufbrachte…

Was die komplexe Geschichte der Beziehungen zwischen Farbe und Architektur betrifft, so wird das hier von uns behandelte Thema eigentlich erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts aktuell. Mit der Abwendung von der Ornamentik 1 rückt mit der Geburt des Modernismus die Farbe in den Mittelpunkt der Debatte zwischen den Befürwortern intensiver Farben und den Verteidigern einer weißen Architektur…

Vorreiter der ersten Stilrichtung war der Architekt Bruno Taut. Bereits in den 1910er Jahren schrieb er, dass Farbe einen positiven Einfluss auf den Alltag der Stadtbewohner haben könnte: „Wir wollen keine tristen Häuser mehr bauen, schreibt er. Farbe ist Lebensfreude und da sie preisgünstiger ist als Zierleisten und Reliefs, ist sie auch mit wenig Geld zu erreichen…“. Taut setzte sich ein für die Verwendung intensiver Farben wie Rot, Grün, Ocker oder Violett. So verdanken wir ihm die erste Farbgestaltung einer Gartensiedlung „Am Falkenberg“ in Berlin: die Häuserfassaden strahlen in Rot und Olivgrün – Braun-Gelb mit glänzendem Weiß. Durch die Individualisierung der verschiedenen Gebäude, so Taut, können sich die Mieter ihre Wohnung schneller aneignen.

Zu den Mitstreitern für farbige Architektur zählen auch die holländischen Architekten und Künstler der Gruppe De Stijl, Piet Mondrian, Gerrit Rietveld, J.-J.-P Oud und Theo van Doesburg. In kleinen Tupfen oder großflächig verwenden sie Farbe ebenso für Fassaden, wie auch in den Innenräumen, sind doch ihrem Gestaltungsverständnis nach Farbraum und Architektur einander ebenbürtig.

Als Vertreter des Bauhaus setzt Walter Gropius dem „reinen Weiß“ die Farbe als Ausdruck der sozialen Utopie entgegen. Er vertritt jedoch die Idee einer fast rein weißen Wohnhülle, die Farbe wäre eher der Innenraumgestaltung vorbehalten. Da die Meinungen und Vorstellungen der Lehrbeauftragten stark auseinandergingen, spielt das Bauhaus paradoxerweise in der aktuellen Debatte über Farbe und Architektur nur eine untergeordnete Rolle.

Parallel zu diesem Konzept des Farbraums als Gestaltungsprinzip existiert eine zweite Stilrichtung, für die eine wirkliche Neue Baukunst zwingend weiß sein musste. Diese Idee setzt sich schrittweise durch, insbesondere im Rahmen der Weissenhof-Ausstellung in Stuttgart (1927), für die 17 Architekten der europäischen Avantgarde – unter der Leitung von Mies van der Rohe, eine Architektursiedlung errichtete 2.
Die weiße Periode von Le Corbusier (Villa Savoye), die Villa Tughendhat von Mies van der Rohe, die Häuser von Loos, entsprechen ebendiesem Konzept. Ihren internationalen Durchbruch verdankt diese Stilrichtung
[Weiß = Modern] sicherlich Henry-Russell Hitchcock und Philip Johnson und der Ausstellung im MoMa von New York unter dem Titel Modern Architecture (1932). In ihrem Beitrag zum Ausstellungskatalog schrieben sie: „Im Bereich der Farbe ist generell die Regel, dass sie mit Maß verwendet wird. Zu Beginn der Moderne […] weckte die Verwendung kräftiger Farben das Interesse für diesen neuen Stil, aber er verlor schnell an Attraktivität. Sein Überraschungseffekt stumpfte ab und er wurde langweilig, seine mechanische Klarheit und Frische wurden schnell zum Zeichen des schlechten Geschmacks. Wenn man vermeiden möchte, dass Architektur zum Werbeplakat verkommt, dann muss die Farbe unter technischen, wie auch psychologischen Aspekten uniform behandelt werden.“ 3

Zu den allgemein anerkannten Gegnern der Farbe zählt selbstverständlich Mies van der Rohe, dem immer eine Art von Diktat der „weißen Moderne“ nachgesagt wird. Doch die Wahrheit ist sicherlich etwas komplexer. Nichts ist weiß in seinem 1929 für die internationale Ausstellung in Barcelona entworfenen deutschen Pavillon: Glas, Stahl und vier Gesteinsarten (römischer Travertin-Marmor, grüner Alpenmarmor, grüner Marmor aus Griechenland und Onyxmarmor aus dem Atlas-Gebirge) setzen eindeutig farbige Akzente.
Nichts ist ganz weiß im Farnsworth House (1946–1951) aus Glas und Stahl, einer Ikone der modernen Baukunst, denn das hieße die beiden zur Innenraumgestaltung verwendeten Holzblöcke vergessen… Wenn Mies van der Rohe Weiß einsetzte, dann sicherlich, um die Farbintensität der von ihm verwendeten Baumaterialien nicht zu beeinträchtigen.
Ein bisschen im Stil der „organischen“ Architekten wie Frank Lloyd Wright, der den verwendeten Baumaterialien ihre ganze Ausdruckskraft bewahren wollte-ein Konzept, das sich ebenfalls in der zeitgenössischen Architektursprache wiederfindet.

Nachdem er lange die Meinung vertreten hatte, dass moderne Architektur weiß sein müsse, änderte Le Corbusier schrittweise seinen Standpunkt: „Der Innenraum des Hauses muss weiß sein, schreibt er über die Villa Laroche (1923 –1925) 4 aber um dieses Weiß schätzen zu können, braucht es eine wohldosierte Polychromie…“.
Für seine moderne Wohnsiedlung Frugès in Pessac (1924 –1926) optiert er für ein „völlig neues Konzept der Polychromie mit einer eindeutig architektonischen Zielsetzung: Raumgestaltung dank der Physik der Farben, Hervorhebung bestimmter Volumen der Siedlung, Tarnung anderer – kurz, mit Farben ebenso komponieren, wie wir es bisher mit den Formen getan haben. So entwickelt sich Architektur zur Städteplanung…“. Und als Le Corbusier 1931 eine Tapetenkollektion für das Unternehmen Salubra in Basel entwirft, plädiert er geradezu für die Verwendung von Farbe:
„Wir werden die uns störenden Wände von Malern einreißen lassen, schreibt er. Die architektonische Polychromie überzieht die ganze Wand und bestimmt sie mit der Macht des Blutes oder der Frische der Wiese, oder den Strahlen der Sonne oder den Weiten des Himmels oder des Meeres. Solche verfügbaren Kräfte! Wenn diese Wand blau ist, zieht sie sich zurück. Ist sie rot, bleibt sie im Vordergrund… Die architektonische Polychromie tötet nicht die Wände, sondern sie verschiebt sie grundsätzlich und ordnet sie je nach Bedeutung. Ein Architekt verfügt über Ressourcen für Gesundheit, totale Macht.
Die Polychromie war und ist Teil der großen Baukunst und wird es auch in Zukunft sein. […] Die Polychromie ist ein ebenso machtvolles Instrument der Architektur wie der Plan und die Schnittansicht. Mehr noch:
Die Polychromie ist selbst Element des Plans und der Schnittansicht.“

Nach dem zweiten Weltkrieg steht Europa vor der Herausforderung desdringend notwendigen Wiederaufbaus. Der Beton bleibt „roh“ und die Farbdebatte tritt in den Hintergrund. In den 1950er Jahren dekliniert sich eininternationaler Baustil bis zum Exzess, bis zur Übersättigung. Mitte der 1960er Jahre beginnt das Zeitalter der postmodernen Kritik. Man entdeckt vergangene Formen neu (Säulen, Giebel, usw.) und die Farb-gestaltung ist ein weiterer wesentlicher Unterschied zum eher sachlich und minimalistischen internationalen Stil, wie es das Stadtviertel Schützenstrasse von Aldo Rossi in Berlin (1994 –1998) beweist. Doch ob Disney oder Dubai, (Bau)Kunst zu Kitsch liegen oft nah beieinander… Doch das Weiß hält sich tapfer… Einige Architekten machen es sogar zu einer Art von Markenzeichen, wie beispielsweise Richard Meier. Die Fotos seiner ersten Häuser (Smith House, 1967, Douglas House, 1973) bestechen durch den Kontrast zwischen weißen Wänden und der umliegenden Natur. Meier bleibt dabei: Seine jüngsten Realisationen haben immer noch eine eindeutig weiße Dominante.

Als 1977 in Paris das Centre Georges Pompidou mit seinen Rohren, seinem Skelett, seinen Därmen und Adern in leuchtenden Farben gebaut wird, steht es allein in einer weiten Flur von grauen Dächern. Es beginnt eine Debatte, deren Aggressivität man sich heute kaum noch vorstellen kann: Notre-Dame de la Tuyauterie, Pompidoleum, Kunst-Halle, Gaswerk, Erdölraffinerie, avantgardistische Warze, usw. sind nur einige der abfälligen Spitznamen. Wenn generell den Architekten vorgeworfen wird genau das herauszukehren, was normalerweise versteckt bleibt, so haben auch die kräftigen Farben ihre Kritiker. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass das anfängliche Konzept eigentlich ein Zusammenspiel von Braun und Hellblau vorsah, die Farben von Himmel und Erde. Und erst auf einen Vorschlag des Künstlers Jean Dewasne, mit Zustimmung der Architekten Renzo Piano und Richard Rogers, wurden bei der definitiven Ausgestaltung des Gebäudes 1973 kräftige Farben gewählt 5. Im umgesetzten Projekt sind die Farben insbesondere an der Ostfassade des Gebäudes sichtbar, wo sie für die verschiedenen „Rohre“ eine Erklärungsfunktion haben: Blau für Wasser, Grün für Luft, Gelb für Strom und Rot für Transportwege wie Aufzüge, Lastenaufzuge und Rolltreppen.

 

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts entdeckt Patrick Bouchain für die Renovierung von 60 Miethäusern im sozialen Wohnviertel in Boulogne-sur-Mer die Ideen von Bruno Taut neu. 6
In Pantin verleiht Pierre di Sciullo der drei Hektar großen Fassadenfläche des von Emile Aillaud (1956 –1960) gebauten „Serpentin“, einem schlangenförmigen Mietgebäudes mit 550 Wohnungen, neue Farben. In Burkina Faso setzt Diebedo Francis Kere die Lehmhütten in Dialog mit leuchtenden, modernen und vielleicht auch panafrikanischen Farben 7. Die Geschichte geht weiter… „Die gestaltende Raum-Zeitmalerei des 20. Jahrhunderts ermöglicht es dem Künstler, seinen großen Traum, den Menschen statt vor, in die Malerei hineinzustellen, zu verwirklichen“, sagte Theo van Doesburg 1928… Heute ist Farbe ein Thema und kaum noch ein Streitpunkt. Sind nicht alle theoretischen Diskussionen über die Frage von Fläche und Raum langsam überholt?

 

1. Adolphe Loos, Ornament und Verbrechen, 1908
2. Die Weissenhofsiedlung ist eine 1927 unter der Leitung von Mies van der Rohe von 17 Architekten der europäischen Avantgarde gebaute Siedlung in Stuttgart. Der Erfolg dieser Operation machte dieses Gebäudeensemble zu einer Art von internationalem Showroom für den später unter dem Begriff „Neue Architektur“ bekannten Baustil. Mies van der Rohe hatte seinen Kollegen nur wenige Auflagen erteilt: Die Häuser mussten würfelförmig sein, ein Flachdach haben und in dezenten Farben gehalten sein. Von zweien abgesehen (das Haus von Le Corbusier und das von Bruno Taut), waren alle Gebäude weiß. Die Weissenhofsiedlung wurde von den Antisemiten auch als „Neues Jerusalem“beschimpft.
3. Henry-Russell Hitchcock,
Philip Johnson, Der internationale Stil, 1932. Nachgedruckt, Norton und Company, New York, 1995, 4.
Le Corbusier, Gesamtwerk
5. „Ich erklärte, wie eine neue Architektur dieses Typs farbig, mit reinen Farben gestaltet werden müsse […] Sie haben einstimmig beschlossen, dieses Modell umzusetzen, denn das Problem leuchtete ihnen plötzlich ein: das Centre Pompidou wird farbig. So wurde Beaubourg meine größte A.n.t.i.s.k.u.l.p.t.u.r.“, erzählt Jean Dewasne in einem Text, der von Renzo Piano als Faktenbeweis paraphiert wurde.
6. Patrick Bouchain, Loïc Julienne, Sébastien Eymard und Sophie Ricard (permanence architecturale), Renovierung von 60 Miethäusern des sozialen Wohnviertels zusammen mit den Mietern, Boulogne-sur-Mer, 2013
7. Ursprünglich vom Äthiopischen Regenten Haile Selassie als Propaganda für die panafrikanische Rehabilitation genutzt, wurden sie bekannt durch die Rasta-Bewegung, zu der auch Robert Nesta – bekannt unter dem Namen Bob Marley – gehörte. Angesichts der Farben der Flagge des Burkina Faso erscheint die Farbwahl nicht zufällig – http://fr.m.wikipedia.org/wiki/Couleurs_panafricaines
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